Montag, 11. April 2016

Die Welt: Plötzlich ist ein anderer sein Vater: Der Erzbischof von Canterbury erfährt, dass er der uneheliche Sohn von Churchills Privatsekretär ist


Dies ist eine Geschichte, die sich wohl nur in England zutragen kann, dem Land langer Verschwiegenheiten. The Most Reverend Justin Welby, 60, Erzbischof von Canterbury, Primas der Anglikaner "in all England" und Kopf der weltweiten Anglikanischen Kommunität, ist, wie erst am Wochenende bekannt wurde, das uneheliche Kind aus einer Verbindung seiner Mutter mit dem letzten Privatsekretär Sir Winston Churchills, Anthony Montague Browne.

Eine liaison dangereuse, die noch bis in die 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts den Erzbischof sein Amt gekostet hätte, da bis dahin die anglikanische Kirche keine unehelichen Kinder zu höheren Weihen zuließ. Das Ereignis ist von Tragik und christlicher Ergebung in den Ratschluss Gottes umflort, auf die vor allem der Erzbischof selber seine bemerkenswerte Gelassenheit gründet. So lässt er in einer Erklärung aus dem Lambeth Palace in London, wo Canterbury verwaltet wird, sagen: "Ich weiß, dass ich den, der ich bin, nur in Jesus Christus finde, nicht in der Genetik, und meine Identität durch ihn ändert sich nie." Aber der neue Blick auf den Primas und seinen Familienhintergrund ändert gewaltig die Sicht der Öffentlichkeit auf diesen ungewöhnlichen Oberhirten, dessen Leben bisher schon einem Roman von Charles Dickens ähnelt. Welby, am 9. Januar 1956 geboren, kam zur Kirche nach elf Jahren als erfolgreicher Ölfachmann mit sechsstelliger Gehaltsstufe; erst 1987 bewarb er sich für ein Theologie-Studium und die Laufbahn als anglikanischer Geistlicher. Der Tod seines ersten Kindes 1983, noch im Babyalter, bei einem Autounfall, hatte ihn zur Kehrtwendung bewogen.

Es ist berührend, wie die Lebenden, allen voran Welbys Mutter Jane, 86, die heutige Lady Williams of Elvel (so genannt nach ihrer zweiten Heirat mit dem Labour-Oberhauslord Williams) mit der Eruption der News um ihren Sohn umgeht. Da ist viel, viel schmutzige Wäsche zu erzählen, Alkoholismus, der ihre erste Ehe zerstörte und beinahe auch ihren Verstand, und vor allem die Umstände der Liebesnacht mit Churchills Privatsekretär, einem Kollegen von ihr im Stab von Churchills zweiter Amtszeit (1951 - 1955), Browne als die engste Begleitung des Premierministers, sie als Mitglied des Schreibbüros. "Auch wenn meine Erinnerungen an die Ereignisse damals lückenhaft sind", schreibt Lady Jane im "Daily Telegraph", der die Geschichte recherchierte und am Samstag bekannt machte, "ist mir jetzt doch klar, dass ich während der Tage vor meiner sehr plötzliche Ehe mit Gavin Welby Ende März 1955, noch dazu angefacht von einer großen Menge Alkohol auf beiden Seiten, mit Anthony Montague Browne ins Bett stieg."

Gavin Welby, der in den USA einen Whisky-Handel betrieb, wird von Lady Jane als "starker, Besitz ergreifender Charakter" geschildert, "der mich einschüchterte, mit ihm zusammen nach Amerika zu entlaufen und dort zu heiraten"; was am 4. April 1955 in Baltimore geschah. Fast auf den Tag genau neun Monate später kam Justin zur Welt, das Paar hatte allen Grund zu glauben, er sei ein typisches "Honeymoon Baby", gezeugt in der Seligkeit der Flitterwochen. Beide Eltern verfielen dem Alkohol, was sich nach der Rückkehr nach England beschleunigte. Der Mann wurde zunehmend aggressiv, misslaunig, was dem kleinen Jungen das Leben zur Hölle gemacht haben muss. 1958 wurde die Ehe geschieden. "Als Folge der Sucht meiner Eltern war mein frühes Leben ziemlich durcheinander", bekennt der Erzbischof im Gespräch mit dem "Daily Telegraph" mit typischem Understatement, "obwohl ich den Segen einer wunderbaren Erziehung genoss (in dem Eliteinternat Eaton) und die Fürsorge meiner Großmutter sowie später meiner Mutter, nachdem sie geheilt war."

Den Weg zur Entdeckung seiner wirklichen Vaterschaft beschritt der frühere Chefredakteur des "Telegraph", Charles Moore, als sich nach der Erhebung Welbys zum Erzbischof von Canterbury im März 2013 die physiognomischen Ähnlichkeiten zwischen ihm und Montague Browne, 89, zum Gerücht über eine paternale Beziehung steigerten. Charles Moore erhielt von Brownes Witwe das fehlende Indiz zum Beweis: Zwei Haarbürsten, liebevoll von Shelagh Montague Browne aufbewahrt. Der Erzbischof gab bereitwillig eine Speichelprobe dazu. Die DNA-Proben hatten zu 99,9779 Prozent die Vaterschaft bestätigt. "Ich war auf keine Weise bestürzt", kommentiert der Oberhirte seine erste Reaktion, "und ich bin es auch heute nicht." ...




Fazit: Ein prominentes Beispiel von vielen, die im Suff gezeugt worden sind.

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