Freitag, 15. April 2016

Deutsche Welle: So funktioniert die Biergärung

Laut Reinheitsgebot dürfen zum Bierbrauen nur Malz, Hopfen und Wasser verwendet werden. Trotzdem schmecken alle deutschen Biere anders. Wieso eigentlich? Antwort: Die Braukunst macht's.
Am 23. April feiern die Deutschen Bierbrauer den 500. Jahrestag des deutschen Reinheitsgebotes für Bier. Das mit dem "deutsch" stimmt allerdings nicht so ganz, denn an diesem Tag des Jahres 1516 wurde kein gesamtdeutsches Reinheitsgebot erlassen, sondern lediglich eine Landesordnung für das Herzogtum Bayern. Aber wie dem auch sei: Darin stand, dass nur Gerste, Hopfen und Wasser ins Bier gehören. Das gilt noch heute, mit einer einzigen Ausnahme: Ins Weizenbier kommt auch zusätzlich Weizen.

Etwa 1300 Brauereien gibt es in Deutschland. Die produzieren über 5000 verschiedene Biere, und alle schmecken ein bisschen anders. Da gibt es Pils, Kölsch, bayerisches Helles, Berliner Weiße, Alt, dunkle Biere, Bockbiere und viele mehr. Die Geschmacksnoten reichen von süßlich bis bitter, von herb bis vollmundig.

Aus Gerste wird Malz

Über die Geschmacksnote, die ein Bier später hat, bestimmt schon die Art, wie die Gerste vorbereitet wird. Die bekommt die Brauerei nämlich nicht roh, sondern als Malz angeliefert. Mälzen bedeutet, dass die Gerstenkörner zunächst mit Wasser versetzt werden und dann für eine kurze Zeit keimen. Dieser Prozess wird anschließend durch hohe Temperaturen von 65 bis 85 Grad Celsius unterbrochen.

"Der Mälzungsprozess ist ein Lösungsprozess", erklärt Jürgen Duys. Das Mälzen der Gerste sei eine Voraussetzung für das Brauen: "Nur so komme ich an die Substanz heran - also an die Stärke, die dann in der Brauerei aufgeschlossen wird zu Zucker." Es ist allerdings kein gewöhnlicher Haushaltszucker, sondern Maltose. Der ist die  Voraussetzung dafür, dass Bier überhaupt gären kann. Mikroorganismen zersetzen den Zucker später zu Alkohol und Kohlendioxid.

Welche Malze der Brauer wählt, beeinflusst den Geschmack des Bieres: "Man kann ein helles Malz einsetzen, dunkle Malze oder Röstmalze", erklärt Duys, der sich auch mit anderen Bieren als dem Kölsch gut auskennt. Er hat in Gräfelfing nahe München seine Ausbildung an der Doemens-Akademie absolviert.

Hopfen ist nicht gleich Hopfen

Auch beim Hopfen haben die Braumeister einen weiten Spielraum. Hopfen ist eine Pflanze aus der Familie der Hanfgewächse und gibt dem Bier eine herbe, bittere Note. Es gibt Bitterhopfen, Aromahopfen, feinsten Aromahopfen oder auch sogenannten Cascade-Hopfen. Der bringt etwas Zitronenaroma ins Bier.

Anders als beim Malz kann der Hopfen auch erst nach der Gärung als Aromastoff zum Einsatz kommen. Das nennt sich dann Hopfen stopfen.

Wie das Bier seine Würze bekommt

Im Sudhaus steuert der Brauer Rainer Pohlen den Maischprozess. Dabei führt er das Malz, das Wasser und den Hopfen nacheinander zusammen.

Zuerst vermischt er in der Maischbottichpfanne Malz und Wasser. Schon hier kann der Brauer über die Maischtemperatur den späteren Geschmack des Bieres einstellen. Dann kommt die Maische in einen Läuterbottich, der ähnlich einem Kaffeefilter die festen Bestandteile herausholt. Diese Rückstände - quasi der Kaffeesatz - verkauft die Brauerei als Viehfutter.

Der flüssige Sud kommt in die Würzepfanne. Zusammen mit dem Hopfen kocht der Brauer ihn so lange, bis der gewünschte Zuckergehalt - auch Stammwürze genannt - erreicht ist. Für Kölsch sind 11,6 Prozent Stammwürze optimal. Bei einem vollmundigen dunklen Bier ist die Stammwürze höher.

Hefezellen: rauf oder runter

Noch etwas anderes unterscheidet Kölsch von vielen anderen Bieren: die Hefe. Hefe sind Mikroorganismen, und zwar einzellige Pilze, die den eigentlichen Biergärprozess  in Gang setzen. Die Hefezellen zersetzen den Zucker im Bier zu Kohlendioxid und Alkohol.

Es gibt verschiedene Hefen, die biologisch unterschiedlichen Stämmen zuzuordnen sind. Für Kölsch kommt nur obergärige Hefe in Frage. Die zeichnet sich dadurch aus, dass sie Sprossverbände beim Gären bildet und damit einen großen Hefeteppich im Gärtank. Das entstehende Kohlendioxid treibt diesen Teppich an die Oberfläche der Gärflüssigkeit. Im Gegensatz dazu setzt sich untergärige Hefe - etwa beim Pils - am Boden des Tanks ab.

Auch die Gärtemperatur unterscheidet sich: Bei Kölsch sind es 15 bis 25 Grad Celsius, bei Pils dagegen nur 5 bis 8 Grad - so entstehen andere Aromen.

Damit die zugegebenen Hefezellen sich vor dem Gärprozess gut vermehren, muss der Sud belüftet werden. "Wenn dann der Sauerstoff aufgebraucht ist, schaltet die Hefe den Stoffwechsel um auf Vergärung", sagt Braumeister Duys. "Erst dann entstehen Kohlensäure und Alkohol."

Naturtrüb oder klar?

Nach vier Tagen haben die Hefepilze die ganze Stammwürze verstoffwechselt. Dann muss das Bier noch zwei Tage abkühlen und weitere zwei Wochen lang nachgären. Jetzt ist das Bier im Prinzip fertig.

Braumeister Duys zapft ein Glas ab: ein frisches naturtrübes Bier - das enthält noch geringe Reste von Hefe und Stammwürze.

Aber für Duys ist das nicht der letzte Arbeitsschritt: Das, was er hier gezapft hat, darf sich noch nicht "Kölsch" nennen. "Kölsch muss filtriert werden, das steht so in unserer geschützten geografischen Angaben, also unserem europarechtlich geschützten Markenkern. Naturtrüb darf ein Kölsch nicht sein."

Also pumpt die Brauerei das fertige Bier noch durch zwei Filteranlagen. Dann geht es in die Flaschenabfüllung - und möglichst schnell und frisch zum Kunden.


Fazit: Dieses Wissen gehört in jeden Einbürgerungstest.

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