Mittwoch, 2. März 2016

Ludwigsburger Kreiszeitung: Anstoßen erlaubt: Wie viel Alkohol es an der Konfirmation sein darf

Wer konfirmiert wird, ist schon ein bisschen erwachsen. Alkohol spielt bei der Feier oft eine große Rolle. Verhindern müssen Eltern das nicht. Aber sie sollten klarmachen, dass das Anstoßen mit Sekt nur eine Ausnahme ist.

Ein schicker Anzug, ein tolles Kleid, dazu ein großes Fest mit vielen Gästen und jede Menge Geschenke: Die Konfirmation feiern viele Teenager groß. Auf Familienfesten wird mit Alkohol angestoßen, in einigen Regionen Deutschlands ist es sogar üblich, dass die Konfirmanden von Haus zu Haus ziehen und alkoholische Getränke ausgeschenkt bekommen.
Harald Nolte, Diplom-Sozialpädagoge von der Fachstelle für Suchtprävention in Eschwege, kennt die Folgen: „Wir erleben in jedem Jahr, dass Jugendliche am Tag der Konfirmation so viel Alkohol trinken, dass sie erbrechen oder sogar mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus müssen.“
Dass die Konfirmation ein Startschuss zum Trinken ist, hat laut Nolte eine lange Tradition: „Die Konfirmation steht in ihren Ursprüngen als Übergangsritual von der Kindheit zur Erwachsenenwelt.“ Heute sieht die Lage anders aus. Laut Jugendschutzgesetz ist es 14-Jährigen verboten, Alkohol zu trinken – zumindest in der Öffentlichkeit.
Wie sieht es aber bei der Feier aus? Das Essen ist serviert, die Gäste warten auf das Anstoßen des Gastgebers. Doch was bekommt der ins Glas: Sekt oder Limo? „In so einer Festsituation können Eltern ein Nippen oder Anstoßen mit einer kleinen Menge Sekt ruhig einmal zugestehen“, sagt Ralf Kremer, DAK-Experte für Suchtthemen.
Ist der Brauch also Pflichtprogramm? „Nein, natürlich nicht“, sagt Nolte. Nicht alle Jugendlichen seien scharf darauf, endlich trinken zu dürfen. Wenn der Konfirmand also lieber Limo trinkt, sollten Eltern auf keinen Fall auf dem Sekt zum Anstoßen bestehen. Das gilt auch für die Gäste.
Komplizierter wird es für Eltern, wenn vor Ort Trinkspiele unter Konfirmandengruppen üblich sind. Die Teilnahme einfach zu untersagen, sei in vielen Familien schwierig, sagt Prof. Klaus Hurrelmann, Sozial- und Bildungswissenschaftler an der Hertie School of Governance in Berlin: „Viele Eltern können das gar nicht mehr umsetzen, weil die Jugendlichen sowieso nicht darauf hören würden.“
Eltern dürfen nicht zum Mittäter werden: „Stellen Sie selbst keinen Alkohol zur Verfügung“, rät Hurrelmann. Harald Nolte empfiehlt, mit anderen Eltern das Gespräch zu suchen, zum Beispiel in Form eines Elternabends.
Auch Hurrelmann begrüßt eine Kooperation der Eltern, glaubt aber, dass es dafür häufig schon zu spät ist. Er gibt Eltern daher einen unkonventionellen Ratschlag: „Wenn Sie spüren, dass Ihr Kind ganz scharf auf Alkohol ist, dann üben Sie den Umgang damit zu Hause.“ Wie fühlt sich der Körper nach einem Bier an? Wie nach zweien? „Ihr Kind soll sich dabei natürlich nicht betrinken. Aber es erlebt, dass der Alkohol die Wahrnehmung und das Körpergefühl deutlich verändert.“ Diese Erfahrung sei wichtig, um einen gefährlichen Rausch zu verhindern. Harald Nolte empfiehlt Eltern, das Konfirmationsfest gemeinsam mit dem Kind zu planen: „Dabei kann dann auch der Umgang mit Alkohol besprochen werden.“ Um bewusst ein Zeichen dagegen zu setzen, könnten Eltern sich gemeinsam mit dem Jugendlichen leckere alkoholfreie Getränke, zum Beispiel Cocktails, überlegen.


Thema: Alkohol als Initiationsmittel




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