Donnerstag, 10. März 2016

Die Welt: "Grimsby" – Ich wünschte, ich hätte ihn nie gesehen!

Unser Autor hat kein Problem mit analfixierter Kunst – und verließ doch das Kino während der Vorführung von Sacha Baron Cohens "Grimsby". Der will eine Agentenparodie sein, ist aber ein Tierporno.

Schon wirklich lange hatte ich nicht mehr so einen großen inneren Ekel in mir wie nach der ersten Stunde des neuen Sacha-Baron-Cohen-Films "Grimsby". Ich bin rausgegangen aus dem Film, zusammen mit meiner guten Freundin Julia.
Und ich hatte seit neun Jahren mal wieder Lust, mich selbst zu vernichten, Batteriesäure durch die Vene direkt ins Gehirn schießen lassen. Alles vergessen. Bloß nie wieder daran denken müssen. Und ich bin ja eigentlich ein positiver Mensch, der sich erst mal interessiert alles anschaut.

Kein Problem mit analfixierter Kunst

Auf einem Pornofilmfestival habe ich einmal zwei ganze Hände eines Mannes im Hintern eines anderen Mannes verschwinden sehen, der kurz zuvor noch auf der Wiese eines Spandauer Schrebergartens Goethes "Faust" las. Ich fand das sehr lustig, ein naheliegender und platter Witz, überzeichnet übertrieben.
Und als der Künstler Paul McCarthy einmal einen riesigen Buttplug in Paris aufgestellt hat, fand ich das natürlich auch gut. Ich will nur damit sagen, dass ich kein Problem mit analfixierter Kunst habe. Das ist es gar nicht. Das Problem war einfach der Film.

Harry Potter hat Aids

"Grimsby" ist eine Agentenparodie. Cohen spielt Nobby Butcher, einen asozialen Engländer aus dem inzestuös provinziellen Ort Grimsby. In "Grimsby" steht man oben ohne an der Bar, man zeugt mit übergewichtigen Frauen elf Kinder, lässt sich orthographisch fragwürdige Slogans tätowieren und haut Manchester-Fans auf die Fresse. Das ist das Leben von Nobby. Er hatte auch mal einen Bruder, sie sind aber mit sieben getrennt worden, und seitdem gibt es keinen größeren Wunsch in Nobbys Leben als ein Wiedersehen.
Anders als Nobby wurde aus Sebastian Butcher kein Sozialhilfeempfänger, sondern ein MI6-Agent. Durch einen Zufall sehen sie sich wieder. Durch Nobbys Verschulden erschießt Sebastian einen Aids-kranken israelischpalästinensischen Jungen im Rollstuhl, infiziert Daniel Radcliffe mit Aids, und am Ende werden beide vom MI6 gejagt.

Ein authentischer Schwulenpornodarsteller

Ich habe es wirklich noch ausgehalten, dass Sebastian einen Giftpfeil in den Hoden geschossen bekommen hat und Nobby das Gift aus diesem Hoden saugen musste. Ich habe die "Suck it, suck harder"-Rufe von Sebastian, der mit seiner Glatze wirklich wie ein authentischer Schwulenpornodarsteller wirkt, ausgehalten und die Kameraeinstellung, als der Hoden auf den Lippen von Nobby lag.
Warum ich gegangen bin, hat einen anderen Grund. Nobby und Sebastian kommen schließlich nach Südafrika. Agentenfilme leben von diesen exotischen Landschaftspornos an Orten, sie leben vom Überstehen der Wildnis im maßgeschneiderten Anzug.

Triple-Penetration mit Elefanten

Eine Savanne. Orangefarbenes Licht. Ist das schön. Hinten knallts. Und vorne auch. Eine Herde Elefanten. Auf der Flucht vor den Verfolgern verstecken sich Nobby und Sebastian in der Vagina einer Elefantenkuh. Zu zweit in der gleichen Kuh. Die Verfolger verlieren ihre Fährte.
"Ist die Luft rein?", fragt Sebastian. Nobby blickt aus der Vagina, über ihm ein Elefantenschwanz, der wedelt. Vor ihm ein erigierter Elefantenpenis, der auf ihn zurast. Und das erfinde ich jetzt nicht, der Elefant knallt die Elefantin, in der Nobby und Sebastian drinstecken. Im pornografischen Standardlexikon nennt man das Triple-Penetration. Am Ende ist alles weiß, und die beiden Darsteller haben mehr als die Nase voll. Und ich und Julia, wir sind gegangen.

Eine Bankrotterklärung der englischen Oberschicht

Im Kinosaal, eine Pressevorführung übrigens, wurde viel gelacht. Ich glaube, wer bei so einem Film lacht, kann kein Mensch sein. Andererseits nur ein Mensch kann bei so etwas lachen.
Sacha Baron Cohen hat die Reaktionen berühmter Menschen gefilmt, denen er die Elefantenszene vorspielt. Dabei sind: Die Kardashians mit Kanye West, die Schauspieler Dwayne Johnson und Zac Efron. Sie lachen und lachen und lachen. Wer darüber lacht, hat absolut kein ästhetisches Empfinden. Wer darüber lacht, lacht auch über Mario Barth. Der wirkliche Angriff auf die Werte unserer Gesellschaft geht von Menschen aus, die über so was lachen.
"Grimsby" wurde in England als Erniedrigung der Working Class verstanden. Als ein Einprügeln von dem privilegierten Cohen (Cambridge-Absolvent und so weiter) auf die Menschen, die schon am Boden sind. Cohen hat als Borat, als Ali G., als Brüno wirklich Menschen vorgeführt; Rassisten, Homophobe, Menschenfeinde. In "Grimsby" führt er sich selber vor. "Grimsby" ist eine Bankrotterklärung der englischen Oberschicht, die solch einen Film produziert.
Batteriesäure habe ich mir nicht gespritzt. Ich habe mich dann versucht zu betrinken. Es hat nichts genützt. Ich konnte mich noch erinnern.

Fazit: Dem Versuch des Autors, sich zu betrinken, hätte ich gern beigewohnt.


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