Mittwoch, 30. März 2016

20min.ch: Neuer Alkohol-Test der Polizei löst Zoff aus

Betrunkene Autolenker müssen neu zum Atemalkohol- statt zum Bluttest. Doch das neue Gerät steht unter Beschuss.


Wer künftig betrunken Auto fährt und mit mindestens 0,8 Promille intus erwischt wird, muss ab Oktober 2016 nicht mehr zum Blut-, sondern zu einem neuartigen Atemtest.

Dafür kommt ein neues, schreibmaschinengrosses Atemalkoholmessgerät (siehe Box) zum Einsatz. «Der Atemalkoholtest ist genauer als der Bluttest, weil die Polizei den Promillewert unmittelbar nach der Fahrt messen kann», sagt Urs Beerli, Produktmanager des Alcotest 9510 bei der Dräger Schweiz AG. Doch das Gerät sorgt derzeit für Knatsch.
Zu gross für den mobilen Einsatz
Stein des Anstosses ist, dass die Blaufahrer künftig zwar nicht mehr ins Spital zum Bluttest müssen, dafür aber auf den Polizeiposten. Denn laut der «Berner Zeitung» werden die für Bern vorgesehenen Geräte auf verschiedenen Wachen über das ganze Kantonsgebiet verteilt. Grund: Die Apparate eignen sich wegen ihrer Grösse nicht für den mobilen Einsatz. «Zurzeit ist auf dem Markt kein zugelassenes Atemalkoholmessgerät verfügbar, das sich für das Mitführen in unseren Einsatzfahrzeugen eignet», sagt Regina Aeberli, Sprecherin der Kantonspolizei Bern, zu 20 Minuten.
In puncto Effizienz bleibe die Polizei auf halbem Weg stehen, sagt Stefan Holenstein, Generaldirektor des Automobil Clubs der Schweiz. «Dass die mobilen Geräte einen Umweg über den Polizeiposten erfordern, ist unnötig und ineffizient.»
Alkoholisierte Fahrer könnten profitieren
Auch der forensische Toxikologe Wolfgang Weinmann würde Tests direkt bei den angehaltenen Fahrern vor Ort vorziehen. Weinmann weist darauf hin, dass zwischen dem Zeitpunkt, in dem der Alkohol aufgenommen wurde, und dem Nachweis im Atem durch den Ortswechsel zu viel Zeit verstreichen könne. «Im schlimmsten Fall begünstigt die Polizei alkoholisierte Fahrer.» Zudem steige durch den Gang auf die Polizeistation der Arbeitsaufwand. «Auf den ursprünglichen Alkoholwert müsste wegen des Zeitverlusts wie bei Blutalkoholbestimmungen dann rückgerechnet werden, was aber bei Atemalkoholwerten nicht geht.»
Dabei wollte die Politik mit den Atemtests für effizientere Abläufe sorgen. Das Parlament beschloss 2012 im Rahmen des Handlungsprogramms für mehr Sicherheit im Strassenverkehr «Via sicura» die Atemalkoholprobe. Dies, um Polizisten die zeitraubende Fahrt mit dem Blaufahrer zur Blutprobe ins Spital zu ersparen und somit mehr Kontrollen zu ermöglichen .
«Im Auto kann man das Gerät installieren»
Der Weg auf den Polizeiposten kann aber umgangen werden. «Das Gerät lässt sich problemlos mit einer Halteschiene im Auto installieren», sagt Urs Beerli. Im Ausland werde der Tester oft auf diese Weise genutzt. «Die Schweizer Polizisten haben das Gefühl, sie hätten zu wenig Platz im Auto.»
Max Hofmann, Generalsekretär des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter VSPB, weist hingegen darauf hin, dass die Schweizer Polizeien mit verschiedenen Automodellen unterwegs sind. «Im Tessin hat ein solcher Apparat in einem kleinen Fiat-Dienstwagen natürlich kaum Platz.» Die Kapo Bern äussert sich «optimistisch, dass mit dem technologischen Fortschritt künftig auch Geräte erhältlich sein werden, die wir an der Front einsetzen können.»
Im Kanton Bern sind 22 Geräte vorgesehen. Kostenpunkt pro Gerät: rund 8500 Franken. Für die Beschaffung der Geräte sind laut Kapo Bern im Budget entsprechende Mittel enthalten. Den Test müssen die Delinquenten voraussichtlich aber aus dem eigenen Sack bezahlen: «Diese Modalität wird zurzeit noch genauer geprüft.»

Fazit: Atemalkoholkontrollen gestalten sich in der Schweiz schwierig.



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