Ein großes Herz kann tödlich sein: besonders, wenn zu viel Alkohol im Spiel ist. Ein "Münchner Bierherz' zeigt die bayerische Landesausstellung "Bier in Bayern' im Kloster Aldersbach (Kreis Passau): Das plastinierte Organ ist fast doppelt so groß wie das durchschnittliche menschliche Herz und hat Medizingeschichte geschrieben.
"Am schlimmsten wirkt der fortgesetzte übermäßige Biergenuss auf eines der edelsten und wichtigsten Organe', warnte der Münchner Chefpathologe Otto von Bollinger schon 1893. Auffällig oft kam es im München des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu rätselhaften Herzvergrößerungen, die meist tödlich endeten. Studien untersuchten das skurrile Phänomen: Was Fachleute als idiopathische Herzhypertrophie bezeichnen, ging als "Bierherz' in die Medizingeschichte ein. Den Untersuchungen nach waren es nämlich vor allem gewohnheits- und unmäßige Biertrinker, deren Herzen auf mehr als das Doppelte der üblichen Faustgröße anwuchsen und schließlich aufhörten zu schlagen.
Die hohen Mengen an Flüssigkeit und Alkohol richteten vor allem bei jungen, wohlgenährten und körperlich hart arbeiteten Mannsbildern enorme gesundheitliche Schäden an. Zu den Befunden der Pathologen passte der Umstand, dass die Betroffenen vielfach im Brau- und Gastgewerbe arbeiteten. Bis zu 15 Liter Bier haben Brauer, Bierkutscher und Schankkellner den Obduktionsberichten zufolge täglich und regelmäßig getrunken. Zum enormen Bierkonsum haben sicherlich die großzügigen Rationen an Haustrunk beigetragen, mit denen Brauereien ihre Angestellten teilweise entlohnten.
Die Münchner Pathologen entdeckten in den 1880er- und 1890er-Jahren bei jeder zehnten Autopsie einer männlichen Leiche ein "Bierherz'. In knapp fünf Prozent der Todesfälle wurde dieses damals sogar als die Haupttodesursache festgestellt. In der Berliner Charité waren übrigens kaum Todesfälle aufgrund alkoholbedingter Herzvergrößerung bekannt. Dafür herrschte im Norden Deutschlands, wo sich Hochprozentiges großer Beliebtheit erfreute, das "Delirium tremens' als Alkoholkrankheit vor.
Trotz der mahnenden Worte von Professor von Bollinger und seinen Kollegen stieg der Bierkonsum in Bayern bis ins Jahr 1900 auf 245 Liter pro Kopf und Jahr an und erreichte damit die doppelte Menge des Durchschnitts in Deutschland. Heute konsumieren die Bayern Schätzungen zufolge durchschnittlich rund 145 Liter Bier im Jahr, während der Pro-Kopf-Verbrauch bundesweit bei knapp über 100 Litern liegt. "Bierherzen' sind aufgrund des gestiegenen Gesundheitsbewusstseins kaum noch zu erwarten.
Die Bayerische Landesausstellung "Bier in Bayern' zeigt in Aldersbach ab 29. April nicht nur die Kulturgeschichte des Getränks, das in Bayern zum Mythos wurde, sondern auch die Folgen hohen Bierkonsums.
Fazit: Bayern gelten als herzlich.
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